A_Pique Dame


Pique Dame - 
jüngste Neuerscheinung 
eines Suppé-Werkes auf CD

Zu den wenigen hoffnungsvollen Ansätzen der vergangenen Jahre, an Suppé und seine zumeist vergessenen Werke zu erinnern, gehört diese jüngste Neuerscheinung eines Suppés-Werkes aus dem Jahre 2009. Die CD basiert auf einer konzertanten Aufführung des WDR (2006), wurde aber nochmals im Studio nachproduziert. Der Original-Mitschnitt der Aufführung wirkt aber insgesamt etwas lebendiger.

Der WDR hat sich in der Vergangenheit schon des öfteren um Einspielungen seltener Suppé Operetten verdient gemacht. Warum er sich ausgerechnet für die "Ausgrabung" dieser Operette entschieden hat, ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Suppé selbst hatte das Werk nicht mehr für überlebensfähig gehalten und daher auch auch Teile eines Ensembles später in seinen Boccaccio übernommen. Sicher hätte es da noch interessantere Fundstücke gegeben wie etwa Donna Juanita, Die Afrikareise oder Bellmann. Dennoch sind es einige Titel dieser Operette wert, der Vergangenheit entrissen zu werden, allen voran ein Duett zwischen der Kartenlegerin und dem Gegenspieler Muker, in welchem die Pique Dame eine zentrale Rolle spielt. Aber auch ein Duett zwischen Mutter und Sohn, das einer romantischen Oper entsprungen sein könnte, ein Lied des Komponisten Emil, das an Schubert erinnert bzw. diesen pardodiert und in einer späteren Szene nochmals operettenhaft "verschmelzt" wird, aber auch die Introduktion des zweiten Aktes, in welcher der aus der Ouvertüre bekannte CanCan vorkommt, sind hörenswert.

Die Musik wird durch eine Kritik aus damaliger Zeit ganz gut charakterisiert, nach der "Suppé sich nicht innerhalb der Grenzen der eigentlichen Operette zu bescheiden weiß", was immer man sich in den Tagen der Kinderstube der Operette darunter vorstellte. So ist hier ein ganzes Sammelsurium an Musikstilen vertreten, oder wie Suppé Biograph H.D. Roser es in seinem Beitrag zum Booklet dieser CD ausdrückt: "...diese neun Nummern zeigen genau, mit welchen musikalischen Mitteln diese 'junge' Wiener Operette gearbeitet hat, wie sie alles aufsog, was in dieser Stadt an Musik erklungen war".

Während die meisten Kritiker insbesondere die Leistung von Moica Erdmann als "echte Diva" hervorheben, möchte ich aber auch Anjara Ingrid Bartz als Kartenlegerin lobend erwähnen, die mit der interessanten Klangfärbung ihrer Stimme exzellent zu ihrer Rolle passt. Auch Thomas Dewald meistert seine Rolle als Gegenspieler Muker hervorragend. Weitere Interpreten sind: Rena Pieper, Anneli Pfeffer, Swetlana Abramova, Juliane Schenk, Haliana Laniecka, Marie Sophie Caspar, Tom Erik Lie, Hein Heidbüchel, Gerhard Peters. Es spielt das Rundfunkorchester Köln, es singt der WDR Rundfunkchor Köln (Einstudierung Jörg Ritter, die musikalische Leitung hat Miachail Jurowski. [Label: cpo]

Uwe Aisenpreis, 23.12.2013
Pressestimme

Pique Dame anders

Keine Puschkin-Oper von Tschaikowsky, sondern eine Operettenrarität aus der Feder von Franz von Suppé. Eine Posse um ein verhindertes, dann aber doch glücklich vereintes Liebespaar. Das Werk war rasch vergessen. An der Musik liegt das nicht, denn von Suppé beweist, dass lange vor Johann Strauß für die freche französische Urform der Operette eine unverwechselbar wienerische Form gefunden wurde. Da fließen Opernpathos, Volkskomödienton und rasante Ensemblekunst pariserischer Provenienz zusammen.

Von Suppé ist mit Großmeistern wie Verdi zu vergleichen, wenn es um die Verschmelzung von rhythmischer Verve und melodischer Kunst geht. Die Brücke zu Verdi schafft übrigens ein historisches Aperçu: Die erste Interpretin der Hauptrolle sang eine gewisse Amalie Materna – später Richard Wagners erste Brünnhilde in Bayreuth! Die "Pique Dame"-Produktion des Kölner Rundfunks kann mit einer Primadonna unserer Tage aufwarten: Mojca Erdmann.

Wilhelm Sinkovicz, 01 April 2010

Quelle: "Die Presse (Online)"
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