A_Roser



Neue Biographie über 
Franz von Suppé

Seit 2007 gibt es endlich wieder eine neue Biographie über Franz von Suppé. Zuvor mussten sich die Westdeutschen mit einer Biographie aus dem Jahre 1905 begnügen, von Otto Keller, Ehemann einer Enkelin des Komponisten, mit dem Titel: "Franz von Suppé, Der Schöpfer der Deutschen Operette". Die Ostdeutschen hatten es da etwas besser, sie konnten immerhin auf ein neueres Werk zurückgreifen, das von Otto Schneidereit, Titel "Franz von Suppé, ein Wiener aus Dalmatien" aus dem Jahr 1982. Ob dieses Buch vor der Wende auch in den Westen gelangt ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann mich nur erinnern, einmal einen Operettenführer aus der DDR gelesen zu haben, der die Operetteninhalte an sozialistischen Ideologien gemessen hat. Dort wurde zu Boccaccio sinngemäß angemerkt, man müsse sich wundern, dass Suppé zu so einem verworrenen Textbuch eine so hervorragende Musik geschrieben habe. Hans-Dieter Roser, Autor der neuen Biographe "Franz von Suppé - Werk und Leben" (Edition Steinbauer) nennt es dagegen "eines der besten Bücher der Wiener Operette", und das tut gut.

Überhaupt zeichnet Roser das Bild eines, trotz einiger Eigenheiten, sympathischen Künstlers, der ganz im Gegensatz zum strahlenden Idol seiner Zeit, Johann Strauß, pflichtschuldigst seiner Arbeit im "Dunkel des Orchestergrabens" nachgegangen ist, sich nur ganz langsam emporgearbeitet hat und erst spät in seinem Leben (mit Ende 50) ins "strahlendere Licht" seiner endlich eintretenden Erfolge getreten ist. Natürlich werden auch menschliche Schwächen nicht verschwiegen. So wird beispielsweise erstmals die weit verbreitete Lesart bestritten, Suppé sei ein Neffe Donizettis gewesen. Suppé hat wohl diese Legende aus Gründen der Reputation selbst in Umlauf gebracht.

Interessant auch, wie Roser die Jahrzehnte der "Possenfron" beschreibt, eine Zeit, in der Suppé als angestellter Kapellmeister u. a. die Aufgabe hatte, die Musik zu über 180 Bühnenwerken wie Lebensbilder, Lustspiele, Possen, Zauberspiele, Märchen, Schwänke, Schauspiele u.v.m. für das Wiener Volkstheater zu schreiben. Und wer (außer Experten) hat vor der Lektüre dieses Buches schon gewusst, dass eine der berühmtesten Operettenouvertüren gar nicht von einer Operette stammt, sondern von einem rührseligen Volksstück namens Dichter und Bauer und dass zudem diese Ouvertüre gar nicht für dieses Stück komponiert war, sondern Suppé sie, nachdem er sie schon zweimal erfolglos eingesetzt für dieses Stück einfach nochmal verwendet hatte. Eines der wichtigsten Abschnitte ist der über die Entstehung der Wiener Operette, in welchem anschaulich beschrieben wird, wie und warum die Wiener Operette so geworden ist wie sie ist.

Neben ausführlichen Inhaltsbeschreibungen, häufig verbunden mit detaillierter Auflistung der Musiknummernfolge, sind besonders auch die Kritiken jener Zeit, die häufig genug auch gehässig waren, von großem Interesse. So ganz nebenbei erfährt man dann auch einiges über die Zusammenhänge jener Zeit, in der die Werke entstanden sind nebst einigen kurzen Biographien begleitender Künstler, seien es Librettisten, Schauspieler(innen) , Sänger(innen) oder Theaterdirektoren.

Von nachhaltigem Wert sind die im Anhang befindlichen Verzeichnisse der Bühnen- und sonstiger Werke sowie der verfügbaren Gesamtaufnahmen aus Rundfunk- und CD-Produktion, die immer wieder zum Nachschlagen und auch nochmaligem Nachlesen der betreffenden Textpassagen verführen. Dieses Buch ist ein Muss für jeden Suppé Fan oder gar, wie es der Operettenfachmann und Autor Kevin Clarke ausdrückt, "für jeden, der an der Wiener Operette und den Österreichischen Wurzeln dieser Kunstform interessiert ist" (siehe auch nachfolgende Pressestimme).

Uwe Aisenpreis, 02.01.2014
Pressestimme

Es war an der Zeit, dass jemand eine moderne Biographie über einen der größten Operetten-Pioniere geschrieben hat: Franz von Suppé (1819-1985), der Mann, der die Kunstform nach Wien brachte und sie von einer gänzlichen Pariserin zu einer wahrhaften Österreicherin umformte und damit den Weg wies für zukünftige Komponisten wie Strauß und Millöcker. Nicht mitgerechnet der Rest von ihnen (Lehár, Kálman, Straus.).

Der Wiener Operetten Forscher Hans-Dieter Roser hat uns ein brandneues Buch geschenkt mit dem einfachen Titel "Franz von Suppé: Werk und Leben", herausgegeben von der Edition Steinbauer. Es ist eine bahnbrechende Publikation, nicht so sehr, weil die Fakten um Suppés Leben bisher unbekannt gewesen wären, sondern weil Roser den Komponisten im Zusammenhang seiner Zeit beschreibt und uns einen großen Vorrat an historischem Material, meist Zeitungsartikel aus dieser Periode, mitliefert. Anstatt Legenden und Gerüchte zu wiederholen, präsentiert Roser Fakten und Quellen, und zwar sehr viele davon. Das unterscheidet diese Suppé Biographie von anderen Büchern, die über diesen Mann zuvor veröffentlicht worden sind. Und ebenso unterscheidet sich Rosers Buch von den vielen älteren Operettenbüchern, die in Deutschland und Östereich in den 1970er und 80er Jahren veröffentlich wurden und bei denen kaum ein einfacher Tatbestand geprüft und alles nur kopiert und umformuliert worden war.

Selbst Suppés unbekannte Werke erfahren eine ausführliche Behandlung und eine sehr nützliche Liste am Ende des Buches von allen Aufnahmen, die in Radio-Archiven schlummern, gibt uns einen Hinweis darauf, was schleunigst auf CD herausgebracht werden sollte, zumal in vielen Fällen das 50-Jahre Copyright bereits ausgelaufen ist. Z. B. die 1950er Aufnahme von "Die schöne Galathée" mit Emmy Loose, Anton Dermota und Alfred Jerger als Mydas. Es ist eine nachkriegszeitliche Traumbesetzung, ein Traumstück. Und wo bleibt die CD?

In Kürze: das Buch ist ein Muß für jeden, der an der Wiener Operette und den Österreichischen Wurzeln dieser Kunstform interessiert ist. Mein einziger Wunsch: Sorgt bitte so schnell als möglich für eine englische Übersetzung.

Kevin Clarke, 27. September 2007 (aus dem englischen übersetzt) 
Quelle: www.operetta-research-center.org
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